Cholesterin und Co e.V.

Patientenorganisation für Patienten mit Familiärer Hypercholesterinämie oder anderen schweren genetischen Fettstoffwechselstörungen

Diagnose der Familiären Hypercholesterinämie

Das heimtückische an der Familiären Hypercholesterinämie ist, dass viele Betroffene zunächst nichts von ihrer Erkrankung bemerken, denn erhöhte Blutfettwerte verursachen keine Beschwerden. Und nur bei wenigen Patienten sind äußerliche Anzeichen zu bemerken. Äußerlich bemerkbar können beispielsweise Xanthome und Xanthelasmen – erhabene Fettablagerungen in der Haut – sowie Veränderungen in den Augen (Arcus lipoides, sog. „Greisenringe“), in Form einer gelb-weißen, ringförmigen Trübung am Rand der Hornhaut sein.

Xanthome

Auf diesen Bildern ist ein Xanthom abgebildet, das sich an der Hüfte sowie an der Hand eines fünfjährigen Kindes gebildet hat. In seltenen Fällen treten bei der Familiären Hypercholesterinämie auch Veränderungen in den Augen auf, in Form einer gelb-weißen, ringförmigen Trübung am Rand der Hornhaut. Meist bleibt eine der Familiären Hypercholesterinämie unsichtbar und wird nur aufgrund klinischer Parameter, also beispielsweise aufgrund der Blutwerte, diagnostiziert.

Vor allem junge Patienten haben oft noch keine großen Beschwerden, obwohl ihre Blutgefäße durch den hohen Cholesterinspiegel schon großen Belastungen ausgesetzt sind.

Die klinische Diagnose der Familiären Hypercholesterinämie basiert auf der Erhebung der Krankheitsgeschichte des Betroffenen und seiner Familie (Anamnese), einer körperlichen und genetischen Untersuchung und der Bestimmung der Blutfettwerte.

Wichtig für die Diagnose ist die Unterscheidung zwischen dem HDL-Cholesterin und dem LDL-Cholesterin. Die Gesamtcholesterinkonzentrationen im Blut sind nicht aussagekräftig, da sie auch durch sehr hohe HDL-Cholesterinkonzentrationen bedingt sein können. Deshalb müssen zur Diagnosestellung immer LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyzeride bestimmt werden.

Heterozygote Form

Bei der heterozygoten Form der Familiären Hypercholesterinämie liegen die LDL-Cholesterinwerte unbehandelt in der Regel zwischen 190 mg/dl bis mehr als 450 mg/dl.

Homozygote Form

Bei der homozygoten Form der Familiären Hypercholesterinämie erreicht der LDL-Cholesterinspiegel Werte unbehandelt von 400 mg/dl bis mehr als 1000 mg/dl.

Die Blutfettwerte können in unterschiedlichen Einheiten angegeben werden, entweder in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) oder in Millimol pro Liter (mmol/l), die Aussagekraft der Werte ist aber identisch.

Nach internationalen Leitlinien ist vom Vorliegen einer Familiären Hypercholesterinämie auszugehen, wenn bei:

  • Kindern unter 16 Jahren das Gesamt-Cholesterin größer als 270 mg/dl (6,7 mmol/l) ist oder das LDL-Cholesterin größer als 160 mg/dl (4,0 mmol/l) ist.
  • Erwachsenen das Gesamt-Cholesterin größer als 300 mg/dl bzw. 7,5 mmol/l ist oder das LDL-Cholesterin mehr als 200 mg/dl bzw. 5 mmol/l beträgt und zusätzlich Sehnen-Xanthome bei dem Patienten oder Verwandten ersten oder zweiten Grades auftreten oder der DNA-basierte Nachweis einer genetischen Mutation erbracht wurde.

Möglich ist eine Familiäre Hypercholesterinämie beibeim Vorliegen von mindestens einem der folgenden Punkte:

  • wenn bei einem Verwandten zweiten Grades unter 50 Jahren oder
  • bei einem Verwandten ersten Grades unter 60 Jahren schon einmal ein Herzinfarkt aufgetreten ist (Familienanamnese)

Verdacht auf eine Familiäre Hypercholesterinämie

Ein Verdacht ergibt sich meist aus einem der folgenden Anlässe:

– wenn bei einer Routineuntersuchung ein stark erhöhter LDL-Cholesterinwert festgestellt wurde,
– wenn man in vergleichsweise jungem Alter einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleidet oder
– wenn ein Familienscreening (Familienuntersuchung) durchgeführt wird und ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel oder gehäufte Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Familie auffallen.

Obwohl die Familiäre Hypercholesterinämie nun auch bei Medizinern mehr und mehr ins Bewusstsein gerückt ist, wird eine Familiäre Hypercholesterinämie bei einer Routineuntersuchung viel zu selten entdeckt, da nur bei einem kleinen Teil der Menschen der LDL-Cholesterinspiegel ohne speziellen Anlass getestet wird.

Oftmals ist der Anlass einer Diagnose das Eintreten eines schwerwiegenden Ereignisses wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Obwohl dann schon eine schwere, lebensgefährliche Krankheit vorliegt, ist es noch nicht zu spät, sich auf das Vorliegen einer Familiären Hypercholesterinämie untersuchen zu lassen. Schließlich muss nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall mit allen Kräften versucht werden, das Fortschreiten der Arteriosklerose zu verhindern; dass LDL muss umgehend und zielwertgerecht gesenkt werden. .

Ein weiterer Anlass, der Sie und Ihren Arzt für die Familiäre Hypercholesterinämie sensibilisieren sollte, ist die Erkrankung von Blutsverwandten – hier sollten unbedingt die nächsten Verwandten auf eine mögliche Erkrankung hin untersucht werden. Es kann hilfreich sein, einen Stammbaum der Familie zu zeichnen, um die Vererbungswege zu erkennen.

Mit freundlicher Genehmigung von Genzyme wurde das nach folgende Dokumente zur Verfügung gestellt:

Risikoabhängige Zielwerte

Welche Zielwerte mit Medikamenten und Lebensstiländerungen erreicht werden sollten, beantwortet die Lipid-Leitlinie. Für die Zielwerte des LDL-Cholesterins sollte „je niedriger, desto besser“ gelten.

Dabei werden vier Risikogruppen gebildet, je nach ihrem Herz-Kreislauf-Risiko durch Komorbiditäten und dem Zehn-Jahres-Risiko für eine tödliche kardiovaskuläre Erkrankung:

  • sehr hohes Risiko
    • unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) + 50% LDL-Senkung relativ zum Ausgangswert, wenn:
    • Familiäre Hypercholesterinämie mit atherosklerotischen Herzkreislauferkrankungen und zusätzlichen Hauptrisikofaktor
    • Atherosklerotischen Herzkreislauferkrankungen mit eindeutigem Befund
    • Plaques
    • Diabetes Typ 1 oder Diabetes Typ 2
  • hohes Risiko
    • unter 70mg/dl (1,8 mmol/l) + 50% LDL-Senkung relativ zum Ausgangswert, wenn:
    • Familiäre Hypercholesterinämie ohne andere Hauptrisikofaktoren
  • moderates Risiko
    • unter 100 mg/dl (2,6 mmol/l)
  • niedriges Risiko
    • unter 116 mg/dl (3,0 mmol/l)

Wichtig: Diese Zielwerte sind Richtwerte der Europäischen Leitlinien (Stand: Sep. 2019), die gegebenenfalls je nach Vor- oder Begleiterkrankung oder Risikofaktoren vom behandelnden Arzt individuell festgelegt werden müssen.


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