Eine Familiäre Hypercholesterinämie lässt sich gleich nach der Geburt diagnostizieren – bereits aus dem Nabelschnurblut kann die Diagnose gestellt werden. Oft ist die Diagnose in der Praxis ein Zufallsbefund im Rahmen anderer Untersuchungen oder Teil einer Familienuntersuchung nach Diagnose einer FH bei nahen Angehörigen. In seltenen Fällen wird die Familiäre Hypercholesterinämie auch bei der Feststellung von Xanthomen diagnostiziert.
Zum unselektiven Screening auf das Vorliegen einer FH, also der automatischen Routineuntersuchung von Cholesterin im Rahmen einer Vorsorgediagnostik, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einerseits lässt sich aus wissenschaftlichen Studien noch nicht ableiten, ab wann bei Kindern Medikamente zur Cholesterinsenkung eingesetzt werden sollten und dürfen. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass die Folgen der FH wesentlich ausgeprägter sind, wenn die Krankheit lange Zeit unerkannt bleibt.
Nach Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Stoffwechselstörungen (APS) in der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin kommt die Cholesterinbestimmung ab dem 3. Lebensjahr in Frage, wenn bei Angehörigen Hinweise für eine vorzeitige koronare Herzkrankheit (KHK) und/oder erhebliche Fettstoffwechselstörungen vorliegen – vorzeitig bedeutet, dass Betroffene jünger als 60 Jahre waren.
Für ein generelles Cholesterinscreening wird die Cholesterinbestimmung anlässlich der letzten bislang von der Krankenkasse bezahlten pädiatrischen Vorsorgediagnostik U9 (ab 5 Jahren) angeregt. Die aktuellste Stellungnahme liegt von der amerikanischen National Lipid Association vor. Bei einer entsprechenden Familienvorgeschichte soll demnach bereits ab dem 2. Lebensjahr auf das Vorliegen der Stoffwechselstörung untersucht werden. Für ein universelles Screening sollten Kinder zwischen 9 und 11 Jahre alt sein, weil meistens erst dann der früheste Zeitpunkt für eine medikamentöse Behandlung gekommen ist.
Besonderheiten der Therapie von Kindern
Grundsätzlich ist es sehr wichtig, dass die Kinder von frühester Kindheit an einen gesunden Lebensstil lernen und diesen ganz einfach als normalen Lebensstil kennen. Das umfasst die ausgewogene Ernährung, viel Bewegung und lebenslangen Nikotinverzicht. Hier ist das Vorbild der Eltern ganz entscheidend.
Unter Fachleuten besteht weitgehend Konsens zur medikamentösen Therapie bei Kindern und Jugendlichen, obwohl diese noch nicht durch längere Studien bestätigt wurde. Häufig zeigen sich schon im Kindesalter die Auswirkung einer Familiären Hypercholesterinämie mit Verdickungen der Wände der Halsschlagadern, die mit Ultraschall erfassbar sind. Nach der Einnahme von Statinen nehmen diese Verdickungen oft ab, was zumindest als indirekter Hinweis auf den Nutzen gedeutet wird. Weitere Erfahrungen internationaler Ärzte und Forschergruppen zeigen ebenfalls positive Wirkungen der medikamentösen Therapie im Kindesalter. Die Behandlung sollte ab 8. Lebensjahr in Betracht gezogen werden und eine 50%ige LDL- Cholesterinsenkung erreichen. Wenn ein Kind sehr schwer betroffen ist, sollte die Therapie auch schon früher beginnen.
Medikamentös werden schon seit den 60er Jahren sogenannte Anionenaustauscher eingesetzt. Als günstig gilt, dass diese Substanzgruppe nicht in den Stoffwechsel eingreift und damit im Wachstumsalter nicht zu Veränderungen führt. Als Nachteil wird von einigen Patienten empfunden, dass relativ große Mengen von diesen Medikamenten genommen werden müssen.
Am meisten durchgesetzt hat sich die Therapie mit der Substanzgruppe der Statine, die die Synthese (Bildung) von Cholesterin vor allem in den Leberzellen hemmen. Die Einnahme ist einfach und der Effekt ist meist stärker als bei den Anionenaustauschern. Die Wirkung der Statine muss häufig durch Einsatz eines Cholesterinresorptionshemmers verstärkt werden.
Bei sehr schweren Verläufen der FH kommt eine Art „Blutwäsche“ in Frage, die sogenannte
Lipid-Apherese, die wöchentlich zusammen mit einer medikamentösen Kombinationstherapie eingesetzt wird. In schwersten Fällen sind auch Lebertransplantationen zur Therapie der Familiären Hypercholesterinämie vorgenommen worden, weil dadurch dem Organismus wieder funktionsfähige Rezeptoren für den LDL-Abbau übertragen werden können und so Herzinfarkte im Kindesalter verhindert werden können – dies betrifft aber nur Fälle mit homozygoter Ausprägungsform und ist auch hier extrem selten, da die Lipid-Apherese sehr effektiv und weniger einschneidend ist.