Wir haben hier einige Erfahrungsberichte für Sie zusammen gestellt, für die wir den Betroffenen sehr herzlich danken.
Auch wenn Erfahrungsberichte subjektive Eindrücke einer individuell erlebten Erkrankung darstellen, können diese anderen Betroffenen helfen – oft finden sie sich selbst in den Schilderungen wieder und können so ihre eigene Erkrankung besser verstehen und akzeptieren und vor allem auch neue Hoffnung und neuen Mut daraus schöpfen.
Auch für Angehörige sind Erfahrungsberichte von Betroffenen häufig eine große Hilfe, um den eigenen Freund oder Partner, Mutter oder Sohn besser verstehen zu können.
Familiengeschichten
Sophie, 12 Jahre, hoFH
Hallo mein Name ist Sophie und ich bin 12 Jahre alt. Mit 8 Jahren wurde bei mir durch Zufall die Familiäre Hypercholesterinämie festgestellt, das war 2008. Bei einem Reiterurlaub hatte ich mir zwei Zecken eingefangen, die wurden dann von meiner Mama entfernt. Kurz darauf hatte ich über längere Zeit immer wieder Fieber und fühlte mich nicht gut. Daraufhin hat mein Kinderarzt mir einfach mal Blut abgenommen, um zu schauen was mit mir los war. Dabei wurde festgestellt, dass ich einen sehr hohen Cholesterin- und LDL-Wert habe. Damals musste ich dann auch noch ins Krankenhaus. Dort wurden mir 16 Röhrchen Blut abgenommen.
Das erste Mal hat es ganz schön weh getan und ich hatte große Angst! Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt und es ist auch nicht mehr so schlimm. Im Krankenhaus wurde dann bei mir die Familiäre Hypercholesterinämie festgestellt. Auch meine Mama, mein Papa und meine große Schwester wurden später untersucht. Es kam heraus das alle an einer FH leiden. Seit dieser Zeit müssen wir alle sehr auf unsere Ernährung achten, dass bedeutet das meine Familie und ich viele Dinge nicht mehr essen dürfen. Auch muss ich jeden Tag viele Medikamente einnehmen.
Die Ärzte damals in der Klinik wussten über FH nicht so viel. Daraufhin suchte meine Mama im Internet nach Ärzten in meiner Gegend, die sich mit meiner Erkrankung auskannten. Das war leider nicht so einfach! Dabei wurde sie aber auf eine andere Frau mit einem anderen betroffenen Mädchen, die in Österreich leben, aufmerksam. Da nahm meine Mama den Kontakt auf und seither tauscht sie sich mit der Mutter von dem Mädchen regelmäßig aus.
Im Dezember 2010 durfte ich dann das Mädchen besuchen und mittlerweile ist sie für mich eine richtig gute Freundin geworden! Auch meine Mama hat sich richtig gut mit der der anderen Mama angefreundet. Mittlerweile habe ich einen lieben Arzt, der sich gut mit meiner Erkrankung auskennt und ich finde es nicht mehr allzu schlimm, alle 3 Monate zur Kontrolle zu gehen.
Es ist auch ein schönes Gefühl das ich jetzt weiß, dass ich nicht mehr alleine bin und es auch noch andere Kinder mit der gleichen doofen Krankheit gibt!
Eure Sophie
Vater und Sohn, 44 Jahre und 13 Jahre, Lp(a)
Ich bin 44 Jahre alt und Vater zweier Kinder im Alter von 17 und 13 Jahren. Vor zwei Jahren habe ich einen Herzinfarkt überlebt. Dank meiner Frau, meinen Kindern und den Helfern vor Ort, konnte ich wieder ins Leben zurückholt werden. Jedem einzelnen hier nochmals mein tiefsten Dank. Die Rettungskette funktionierte perfekt. Im Krankenhaus wurde ein Herzkatheter gemacht und ich bekam einen Stent im Herzkranzgefäß der Vorderwand. Auch die Ärzte im Krankenhaus konnten sich keinen Reim machen, warum ein so junger Mann mit keinerlei Risikofaktoren einen Herzinfarkt erlitt.
Glücklicherweise hatte ein Arzt mein Blutbild genauer untersuchen lassen und es stellte sich heraus, dass mein Lp(a)-Wert sehr hoch ist und dies wohl die Ursache für meinen Herzinfarkt war. Der Arzt empfahl mir, bei einem Nephrologen vorstellig zu werden. Hier gab es den zweiten Schock: Was ist Lp(a) überhaupt? Kriege ich gleich wieder einen Herzinfarkt? Gibt es Medikamente? Ich holte mir erstmals Informationen übers Internet. Meine Kinder wurden auf eigene Veranlassung auch untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass es mein jüngerer Sohn leider vererbt bekommen hat. Mein Sohn (13 Jahre) wird heute am Klinikum Augsburg kardiologisch und in der LMU München auf Fettstoffwechselstörung einmal pro Jahr untersucht. Wir ernähren uns sehr gesund, treiben viel Sport und bekommen Unterstützung einer Heilpraktikerin. Ich gehe einmal die Woche zur Apherese. Diesen Gendefekt habe ich selbst von meiner Mutter vererbt bekommen. Das erklärt auch den frühen Tod meiner Großmutter, die bereits mit 55 Jahren einen Herzinfarkt erlitt. CholCo e.V. ist uns auf unserem Weg eine große Hilfe.
Meinem Sohn und mir wünsche ich ein glückliches gesundes langes Leben mit der Familie, auf die ich sehr stolz bin.
Mutter und Sohn, 47 Jahre und 11 Jahre, Lp(a)
Wir beide haben eine FH und eine Lipoprotein (a) Erhöhung. Unsere Geschichte begann im Jahr 2013. Bis dahin war weder bei Max noch bei mir ein Verdacht vorhanden. Im Sommer des Jahres waren Max und ich zur Mutter-Kind-Kur. Von Max ́ Vater war bekannt, dass er erhöhte Lipidwerte hatte. Deshalb nahmen wir die Kur zum Anlass bei Max das Blut erstmalig auf Cholesterin hin zu untersuchen. Das Ergebnis war ein leicht erhöhter LDL Wert und eine geringfügige Erhöhung des gesamten Cholesterinwertes. Nach Meinung der Kurärzte kein Grund zur Sorge. Sie empfahlen uns eine Kontaktaufnahme zu einer Fachambulanz für Stoffwechselerkrankungen für Kinder, wenn wir wieder zu Hause wären.
Im November 2013 war Maxl’s erster Termin in der Haunerschen Kinderklinik in München, um dies weiter zu verfolgen. Erneut wurde Blut abgenommen und untersucht. Maxl’s Werte waren unverändert, jedoch die Auswertung und Diagnostik war sehr viel differenzierter. Max bekam die Diagnosen FH und Lipoprotein (a) Erhöhung. Weil seine Werte gravierend von den empfohlen Richtwerten abwichen, mutmaßte der versierte Kinderarzt, dass nicht nur väterlicherseits eine Vererbung vorliegt, sondern auch von meiner Seite. Auch bei mir war in der Vergangenheit (anlässlich von OPs und Schwangerschaft) mehrmals Blut entnommen worden. Nie gab es eine warnende Rückmeldung zu meinen Cholesterinwerten. Erst nach dem der Arzt nicht locker lies und ich mir die entsprechenden Laborwerte schriftlich geben lies, kam Licht ins Dunkel. Ähnlich wie bei Max waren auch bei mir nicht alle relevanten Werte gemessen worden. Zusammen mit der fehlenden anamnestischen Erhebung (plötzlicher Herztod meines Vaters) ergab sich anschließend ein anderes Bild. Auch bei mir liegt FH und Lipoprotein (a) Erhöhung vor. Auch bei mir waren auf diesem Hintergrund andere Richtwerte bei LDL, Gesamtcholesterin etc. ausschlaggeben. Auch ich war plötzlich betroffen. Das war der Stand der Dinge im Frühjahr 2014.
Nun was heißt denn das? Meiner damaligen Einschätzung zu folge: nicht viel und es kann nichts dramatisches sein. Gerne vegetarisch gegessen hatte ich damals schon. Sportlich war ich auch. 47 Jahre habe ich mit diesen Erkrankungen gelebt ohne eine Beeinträchtigung zu spüren. So schlimm konnte es nicht sein. Max würde seine Ernährungsgewohnheiten ein wenig umstellen müssen. Das war ́s dann wohl.
Am 6. Mai 2014 war Max zusammen mit den Jungs seiner Klasse und seinem Vater Norbert beim Fußballspielen in einem Freizeitgelände in unserer Heimatstadt. Gegen 17 Uhr rief mich eine Freundin an. Mit Max ́ Vater sei etwas passiert und Max brauche Hilfe. 5 Minuten später war ich bei Max, der verstört erzählte, dass sein Papa tot in seinem Auto liege und er nicht dort hin gelassen werde. Eine Anwohnerin und Zeugin des Geschehens hatte ihn weggeholt, um ihn zu schützen. Zeitgleich traf eine Mitarbeiterin des BRK Krisendienstes ein, die benachrichtigt worden war. Max Vater lag vorne über auf der Beifahrerseite seines Autos ohne jegliches Lebenszeichen. An seiner Stirn war eine Platzwunde. Max wurde in ausreichendem Abstand von mir und dem BRK Krisendienst beruhigt. Die Rettungskräfte versuchten die Widerbelebung. Er wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Max und ich fuhren in Begleitung des Krisendienstes nach Hause und versuchten zu verstehen, was geschehen war. Etwa gegen 18 Uhr kam die Polizei zu uns und benachrichtigte uns über seinen Tod. Maxs ́ Vater war am plötzlichen Herztod im Alter von 53 Jahren gestorben. Ohne jede Vorwarnung, ohne vorherige Beschwerden. Einfach so.
Mit diesem Schicksalsschlag wurde Max und mir klar, was FH und Lipoprotein (a) Erhöhung heißen kann, aber nicht zwangsläufig muss. Max hatte nicht nur mit dem schweren Verlust und der Trauer um seinen Vater zu tun. Gleichzeitig stellte er sich und mir die Frage ob er und ich nun auch plötzlich und ohne Vorwarnung sterben würden.
Das war für mich der Anlass um mich mit den Erkrankungen (Entstehung, Ursache, Auswirkung) zu befassen. Meine Suche begann mit qualifizierten Informationsquellen. Schnell stieß ich auf die Lipid- Liga und die Patientenvereinigung CholCo, die mich mit inhaltsreicher und umfassender Beratung und Information versorgten. Hier traf ich auf Eltern, die sich schon mit den Sorgen und Ängsten zu diesen Diagnosen beschäftigt hatten und uns Rat und Empfehlung gaben. Auf eine Art und Weise, die sehr hilfreich und orientierungsgebend war. Zusammen mit Max behandelndem Facharzt, einer Ärztin für Ernährungsmedizin und unserer behandelnden Familienärztin machten wir uns auf den Weg. Unser Hauptanliegen: Max muss Handlungskompetenz erwerben. Er muss Fachmann für seine Erkrankungen werden. Er muss lernen, wie er wirksam seine Blutfettwerte durch Ernährung und Sport beeinflussen kann. Deshalb stimmte ich einer medikamentösen Behandlung mit Lipidsenkern vorerst nicht zu. Max lernte seinen HDL zu steigern und den LDL von 300 auf 150 zu senken. Seit den Sommerferien 2014 sind seine Blutfettwerte im strengen Zielbereich. Max hat ein verlässliches Wissen um die notwendige diätische (arm an tierischen Proteinen, viel Soja, Obst, Gemüse) Ernährung erworben. Beim Einkauf liest er aufmerksam die Zutatenliste der Lebensmittel. Er weiß bei welchem Bäcker er Brezen ohne Schweineschmalz bekommt. In seinem Kinderhort erarbeitet er mit der Köchin Mahlzeiten, die er gerne mag und essen darf. Bei Einladungen oder Essen in Restaurants kann er sich gut helfen und entweder eine Pizza oder Nudeln mit Tomatensauce erfragen. Leicht ist es nicht auf vieles zu verzichten. Er mag auch nicht gänzlich auf Fleisch und Wurst verzichten, aber er hat den Konsum deutlich reduziert und seine Gewohnheiten verändert. An mindestens einem Tag pro Woche ernährt er sich vegan. So hat er erfolgreich seinen LDL in den Zielbereich führen können und um die Hälfte verringert. Seinen HDL hat er durch täglichen Konsum von Nüssen und tägliches Sporttreiben ausreichend erhöhen können. Max hat gelernt, dass er wirksam (durch disziplinierte Ernährung und täglichen Sport) sein Gesamtcholesterin, das LDL und HDL erfolgreich beeinflussen kann.
Bei mir ist es ähnlich verlaufen: Nachdem meine Richtwerte beim LDL deutlich niedriger sein müssen als bei Max, ernähre ich mich beinahe vegan. Lediglich zum Kaffee nehme ich fettarme Milch, zweimal pro Woche esse ich fettarmen Käse und alle 14 Tage esse ich mageres Fleisch oder Schinken. Auch ich treibe viel Sport und achte auf mein Gewicht. Mein LDL ist dauerhaft kleiner als 100 und HDL ist ausreichend hoch. Meine Richtwerte für FH konnte ich in den Zielbereich trimmen.
Für Max und mich ist dennoch klar: Sollte eine medikamentöse Behandlung notwendig sein, werden wir Lipidsenker nehmen. Auch haben wir uns mit dem Thema Lp(a) bzw. einer notwendigen Apherese beschäftigt. Unsere Werte sind hier gravierend höher, als es vertretbar ist. Sollte eine Apherese notwendig werden, nehmen wir sie in Anspruch.
Max und ich haben nach der Mutter-Kind-Kur mit dem Laufen begonnen. Wir laufen am Wochenende gemeinsam jeden Tag 10 km. Wir haben so einen gemeinsamen Rhythmus gefunden und ein Hobby, das uns Freude macht und uns gesund hält. Im vergangenen Jahr haben wir erstmalig an einem 10-Kilometer-Lauf teilgenommen, durchgehalten und sind nicht die Letzten geworden. Max war das einzige Kind, das diese Strecke auf sich genommen hat. Das hat ihn sehr stolz gemacht. Max verbindet mit dem Laufen den Gedanken an ein erfolgreiches Bekämpfen der Erkrankung.
Wir möchten lange leben. Mit den Erkrankungen. Wir haben sehr viele nette Menschen seit dem kennengelernt. Die Begegnung mit den anderen CholCo e.V. Mitgliedern in Frankfurt im vergangenen Jahr war für uns ein sehr bestärkendes Erlebnis.
Großmutter, Mutter und Kinder, FH
Wäre unsere Welt die von Harry Potter und Konsorten und der Gendefekt unserer Hypercholesterinämie so eine Art „Zaubergen“, das die Träger von den Muggeln scheidet, so wäre unsere Familie wohl sowas wie diese altehrwürdigen Zaubererfamilien, die über eine lange Geschichte zurückschauen können.
Unsere Familie hat Fredrickson IIa „im Gepäck“, das bedeutet unbehandelt ein Gesamtcholesterin von über 300 mg/dl und betrifft 10-20% der mit FH-diagnostizierten Patienten.
Meine Großmutter war eine der ersten in Deutschland damit diagnostizierten Patienten. Die damalige Spezialsprechstunde in der Uni-Klinik war eine der ersten, die dieses neue Thema „Cholesterin“ zu ihrem Forschungsschwerpunkt gemacht hatte. Meine Großmutter wurde noch bei Lesungen an der Uni vorgeführt wie ein zweiköpfiges Pferd und musste allerlei Tests über sich ergehen lassen….und experimentelle Therapien ausprobieren. Von manchem bekam sie Ausschlag, anderes vertrug sie gar nicht und erst mit Colestyramin konnte man erstmals etwas Verträgliches und halbwegs Wirksames anbieten.
Meine Mutter bekam dieses Gallensäurebinder entsprechend früher als meine Großmutter aber dennoch hatte sie genug Zeit um Xanthelasmen zu entwickeln, kleine Cholesterinplaques am Hacken und an den Augen. Das war für mich die erste Visualisierung des Schreckgespenstes „Cholesterin“.
Denn auch ich hatte diesen Gendefekt im LDL-Rezeptor vererbt bekommen und lernte schon im frühesten Kindesalter diese leidigen Blutabnahmen (damals noch mit dicker Nadel und nicht jenen schlanken Butterflies mit Schlauch wie sie heute Usus sind) kennen.
Und all jede Essregeln, den ich mich eisern unterwerfen musste – keine Butter, keine Sahne, nichts Süßes, keine Eierspeisen…heute bin ich der Meinung, dass mich gerade diese strenge Verbotsernährung dazu gebracht hat, genau diese Dinge zu lieben und mir eher die schlechte Angewohnheit eingebrockt hat, Kohlenhydrate als „Fettersatz“ zu nehmen.
Mit 15 Jahren und einem Gesamtcholesterin von 238 und einem LDL von 176 dazu einem lausigen HDL von nur 31 mg/dl hatte ich zudem den Eindruck, dass weder die Einnahme dieser scheußlich-süßlichen Colestyramin-Pampe (die ich als Kind nur mit Saft ertrug – noch schlechter für den Zuckerhaushalt) noch die strenge Ernährung irgendetwas brachte. Schaue ich heute auf meine Werte zurück, so habe ich die Zielwerte von unter 130 beim LDL kaum jemals geschafft. Aber schon damals, mit 20 Jahren, bestimmte man LP(a) was womöglich dazu beigetragen hat, dass uns all diese schlimmen Geschichten, die man so bei FH lesen kann, nicht ereilt haben.
Lediglich der Bruder meiner Großmutter starb vergleichsweise früh den Herztod…er hatte sich nie behandeln lassen und dicke Zigarren geraucht. Meine Großmutter, die ja erst sehr spät in ihrem Leben überhaupt behandelt wurde und Statine praktisch erst im letzten Lebensdrittel bekommen hatte, ist mit über 90 verstorben und bis auf eine neue Herzklappe war sie offenbar unbetroffen von den dunklen Seiten des Cholesterins. Auch meine Mutter – inzwischen über 70 – kommt problemlos durch die alle 2 Jahre erfolgende Ultraschalluntersuchung der Carotis.
Bedingt durch mehrere, späte Schwangerschaften habe ich auch vergleichsweise spät mit Statinen begonnen. Sie waren ein echter Durchbruch – in Komfort und in der LDL-Senkung. Crestor senkte von 212 auf 78 mg/dl binnen vier Monaten. Allerdings kam ich aufgrund der aktuell publizierten Erkenntnis, dass Statine dosisabhängig das Diabetes-Risiko steigern zu dem Entschluss, dass Statine nicht des Rätsels Lösung sind. Vor diesem Hintergrund war ich sehr motiviert, die Dosis der Statine so weit wie möglich zu senken.
Hilfreich dabei war der Sport, den ich leider erst mit 39 Jahren für mich entdeckt habe. Ausdauertraining auf dem Crosstrainer und hochintensives Krafttraining an 4 Tagen in der Woche sind heute feste Bestandteile zu meinem Wohlbefinden. Blieb nur noch die Ernährung denn die ganze Verbotskultur meiner Kindheit und womöglich ein Zuschlag im Genpool sorgte dafür, dass ich nicht nur 20 kg über Soll beim Gewicht lag, sondern auch immer Lust auf „Verbotenes“ hatte.
Ich begann 2013 intensiv mit verschiedenen Ernährungsformen und intermittierendem Fasten zu experimentieren; darunter sogar mit eigentlich streng verbotenen Varianten: LCHF (=low carb, high fat), also hoher Anteil an Fetten (auch tierischen und gesättigten) bei gleichzeitiger Reduktion der Kohlenhydrate nahe Null (also auch kein Vollkorn, keine Kartoffeln, Bohnen, usw.) machte mich schon sehr nervös. So ließ ich zwischenzeitlich die Blutfettwerte bestimmen.
Umso fassungsloser war ich, dass ich noch nie so gute Cholesterinwerte hatte wie nach 4 oder 8 Wochen LCHF in Kombination mit Atorvastatin und Ezetimib. Vor allem das HDL konnte gesteigert werden; ein chronischer Schwachpunkt bei mir da zumeist unter 50 mg/dl. Bis heute habe ich diese Werte nicht mehr erreichen können, denn zum einen habe ich die Statindosierung halbiert und mach kein strenges LCHF mehr. Da ich die Mengen an tierischen Fetten und Proteinen auch ethisch für einen Irrweg halte und auch mal gerne Bohnen und Kartoffeln essen möchte, passt das einfach nicht.
Dennoch habe ich es nun mit der Hälfte der Dosierung geschafft, meinen Zielwert von inzwischen unter 100 mg/dl LDL zu erreichen – und zwar genau so, wie es eigentlich uns FHlern nicht empfohlen wird: Zucker habe ich durch Erythrit ersetzt, Brot jeder Art weitgehend aus der Küche verbannt. Nudeln wurden durch „Zoodles“ aus Zucchini; Müsli & Co. sind durch Rührei (mit Sahne!) oder Quark mit Leinöl, Beerenobst und Nüssen ersetzt. Ich esse nun Sahne, Butter, fetten Quark, Käse, Eier und all jene„verbotene“ Sachen und habe Schwierigkeiten, meiner ebenso betroffenen Tochter als 4. Generation nun die noch immer gepredigten, für mich unsinnig gewordenen „offiziellen“ Ernährungsregeln einzutrichtern. Ich glaube einfach nicht mehr, dass die Senkung der Cholesterin- und Fettzufuhr zumindest für FHler „meiner Prägung“ etwas bringt – wohl aber der hohe Kohlenhydratanteil, der sich bei mir sehr schnell auf den Hüften niederschlägt und womöglich noch andere, mindestens ebenso folgenschwere Konsequenzen wie das Cholesterin selber hat. Daher halte ich sie lieber von zuckerigen Kinderjoghurts, Kuchen und Brot fern als von selbstgemachtem Sahnequark mit Beerenobst oder der mir einst verbotenen Hühnerhaut beim Brathähnchen.
Sicherlich ist mein Weg kein allgemeingültiger denn viele Einflüsse bestimmen Auswirkungen und Folgen so dass es nicht den einen FH-Phänotyp gibt. Ich möchte aber Mut machen, an sich auch mal etwas zu experimentieren denn tatsächlich gibt es kaum Forschung mit FHlern wie ich so den Eindruck habe – schließlich kann man uns ja nun mit Statinen behandeln. Doch die Kehrseite musste ich auch schon erleben - eine Statin-induzierte Myalgie plagte mich über Monate ehe ich sie als solche erkannte und über Absetzen und Wiedereinführen des Statins als solche bestätigen konnte.
Doch mit Hilfe von 200 mg Coenzym Q10 habe ich das Problem tatsächlich wieder in den Griff bekommen und hoffe, die Dosis nun weiterhin so schön niedrig halten zu können. Aktuell experimentiere ich mit Lecithin als tägliche Nahrungsergänzung.
Meine Tochter hat mit 8 Jahren schon 255 mg/dl Gesamtcholesterin – sie fängt nun schon an mit Atorvastatin…
Junge Erwachsene und Erwachsene
Esra, 26 Jahre
Ich bin 26 Jahre alt und habe erhöhte Cholesterinwerte, denn ich habe eine Familiäre Hypercholesterinämie vererbt bekommen. Wenn Sie sich fragen, wie ich dies erkannt habe, hier meine kurze Geschichte dazu.
Meine Tante hatte mit 29 Jahren einen Herzinfarkt und hat es glücklicherweise geschafft, wieder gesund zu werden. Was die Ärzte bei ihr entdeckt hatten, war ihr zu hoher Cholesterinspiegel, der verbunden mit zu viel Stress dafür gesorgt hatte, dass ihre Arterien verstopften. Fazit: Herzinfarkt.
Da ihr Cholesterinspiegel nicht einfach mal so zu hoch war, kam der Grundgedanke, dass sie es vielleicht geerbt hat. Somit durfte unsere ganze Familie zur Untersuchung (damals war ich nicht einmal 10 Jahre alt). Es wurde festgestellt, dass tatsächlich fast alle, einschließlich mir, einen zu hohen LDL-Spiegel hatten.
Wie wir ja alle wissen, geraten „Krankheiten“ die äußerlich nicht gesehen werden, gerne einmal in Vergessenheit. Zwar hatten die Ärzte mir immer mitgeteilt, dass ich einen zu hohen LDL-Spiegel hätte, hatten sie mir aber lediglich geraten, kein Fast-Food u.ä. zu essen, was ich eh sehr selten mache. Keiner der Ärzte hatte wirklich Ahnung, von was es kommen könnte und was dagegen unternommen werden kann.
Schließlich – dies geschah vor 2 Jahren – hatte meine Mutter enorm schlechte Werte und musste zur Untersuchung in die Poliklinik. Wie alle Mütter ist auch meine Mama eine sehr fürsorgliche Person, was zur Folge hatte, dass ich auch einen Termin bekommen hatte. Nach mehreren Untersuchungen hatten die Ärzte festgestellt, dass meine Mama dringend „Stents“ in Ihre Arterien eingesetzt bekommen muss. Wir sind davon ausgegangen, dass es nur einer sein wird. Da der Einbau von den sogenannten „Stents“ nicht lange dauern sollte und auch keine Vollnarkose benötigt wird, sind wir ziemlich gelassen ins Krankenhaus gefahren.
Naja, die Ärzte meinten, dass sie allerspätestens in 1,5 Stunden fertig sei. Es hat leider aber 3 Stunden gedauert. Sie können sich vorstellen, dass die restlichen 1,5 Stunden kein Spaziergang für mich waren, da ich ja auch absolut keine Ahnung hatte, was im OP-Saal vorging. Nachdem endlich mal ein Arzt rauskam und mir berichtet hat, dass die Arterien meiner Mama so verstopft waren, dass ihr gleich mehrere Stents eingesetzt werden mussten, war ich ziemlich „baff“. Der Arzt meinte noch dazu, dass der nächste kleine Stress bei ihr einen Herzinfarkt verursacht hätte.
Jetzt war ich an dem Punkt angelangt, dass ich angefangen habe, die Sache ziemlich ernst zu sehen. Ich bin zu meinem Termin gegangen und musste ebenfalls einige Untersuchungen machen. Zwar ist mein LDL-Spiegel für mein Alter immer noch zu hoch und meine Ärztin hat mir empfohlen, jetzt schon mit ganz leichten Tabletten (Statin 20mg) zur Vorbeugung zu beginnen. Ich bemerke immer noch nicht, dass ich eigentlich eine ernsthafte „Krankheit“ habe, aber versuche, mich trotzdem gesund zu ernähren, Sport zu machen und regelmäßig meine Tablette zu nehmen.
Ich empfehle jedem, der vor allem einen zu hohen LDL-Cholesterin-Spiegel hat, nicht die Augen davor zu verschließen! Ach ja, eins darf ich nicht vergessen, meine Mama und meine Tante müssen jetzt regelmäßig zur Apherese-Therapie, die sogenannte „Blutwäsche“, bei dem das LDL-Cholesterin aus dem Blut entfernt wird. Glauben Sie mir, zwar haben beide keinen Spaß daran, aber wir schätzen uns glücklich, dass diese Therapie den beiden hilft, noch einige glückliche Jahre mit ihren Familien zu verbringen.
Gaby H., 45 Jahre
Als ich vor rund 15 Jahren das erste Mal von FH hörte, dachte ich, das sei die Abkürzung für Fachhochschule. Der sperrige Name Familiäre Hypercholesterinämie sagte mir nicht viel – und so wird es wahrscheinlich vielen von uns Betroffenen gegangen sein.
Wie sehr diese genetische Krankheit mich noch beschäftigen würde, ahnte ich auch nicht, als ich im Jahr 2000 meinen Mann heiratete. Er hatte drei Jahre zuvor, mit nur 33 Jahren, einen Herzinfarkt erlitten. Zwar wusste ich, dass er mit Diät und Lebensstil aufpassen musste und auch eine ganze Reihe von Medikamenten – u.a. Statine, Gallensäurebinder, Blutverdünnungsmittel, etc. – einnehmen musste. Aber dass FH mit einer Chance von 50% auf Kinder weitervererbt werden kann, das war mir weitgehend unklar. Das hing leider auch damit zusammen, dass es so gut wie keine Aufklärung über Familiäre Hypercholesterinämie gab. Mein Mann war zudem immer noch der Meinung, dass er mit Sport und Diät allein die FH in den Griff kriegen würde. Sein früher Herzinfarkt lehrte ihn leider eines Besseren.
Als unsere Tochter im November 2000 zur Welt kam, verschwand FH vorerst in weite Ferne. Als sie zwei war, wurde mir doch mulmig bei dem Gedanken, dass sie womöglich auch FH haben könnte. So ließen wir sie – auf eigene Initiative hin, kein Arzt hatte uns das geraten! – mittels Blutuntersuchung testen. Und das Ergebnis war leider niederschmetternd, denn unsere Tochter hat eine sehr schwere Form von FH geerbt.
Zu unserem Glück leitete unser Kinderarzt uns damals an die richtige Stelle weiter, nämlich an die Kinderfettstoffambulanz am Wiener AKH. Fortan wurde unsere Tochter mit verschiedenen Medikamenten behandelt. Heute ist sie fast elf und ihre Werte sind bis jetzt stabil geblieben. Sie spricht gut auf die Medikamente an und hat bis jetzt keine erkennbaren Nebenwirkungen.
Dennoch wollte ich über die Krankheit mit dem sperrigen Namen mehr erfahren und gründete bereits vor 7 Jahren eine Selbsthilfegruppe, die nunmehr in den Verein „InterChol Austria – Patientenorganisation für Patienten mit Familiärer Hypercholesterinämie oder verwandten genetisch bedingten Stoffwechselstörungen“ mündete. Gemeinsam mit anderen Patienten und Patientinnen sowie Patientenorganisationen in Europa und Übersee – darunter eben auch CholCo, ein Verein, den ich mitbegründet habe – wollen wir mit aller Kraft mehr zur Aufklärung über FH beitragen und letztendlich verhindern, dass durch unentdeckte und unbehandelte FH frühe Herzkreislauferkrankungen wie etwa Herzinfarkt entstehen. Gerade als Patienten und Patientinnen können wir enorm viel zur Bewusstmachung beitragen, denn schließlich sind wir es, die tagtäglich mit dieser Erkrankung zu tun haben.
Wolfgang H.
Bei einer Routineuntersuchung im Jahre 1995 wurden bei mir hohe Cholesterinwerte mit einem Gesamtcholesterin von 450 mg/dl festgestellt. Daraufhin habe ich meine Ernährung auf eine fettarme Kost umgestellt und außerdem bekam ich Atorvastatin verschrieben. Mein Gesamtcholesterin ging dadurch auf etwa 300 mg/dl zurück. Ab 2005 habe ich wegen der Festbetragsregelung das Statin Simvastatin eingenommen, da mein vorheriges Medikament nicht mehr von der Krankenkasse bezahlt wurde. Dies führte wieder zu einem Anstieg meines Gesamtcholesterins auf etwa 360 mg/dl.
Im Jahre 2010 bekam ich im Alter von 53 Jahren schließlich als Folge der hohen Cholesterinwerte einen schweren Herzinfarkt. Ich wurde reanimiert und mit einem Defibrillator wiederbelebt. Im Anschluss bekam ich bei zwei Herzkathetern insgesamt vier Stents eingesetzt. Ich bekam diesen Herzinfarkt, obwohl ich als einzigen Risikofaktor für einen Herzinfarkt die erhöhten Cholesterinwerte habe, aber dieser Risikofaktor war entscheidend. Ich möchte daher alle warnen, hohe Cholesterinwerte auf die leichte Schulter zu nehmen. Es tut ja nichts weh und daher verdrängt man dieses Problem gerne.
Nach meinem Herzinfarkt wurde ich zur Nachsorge an eine spezielle Lipidambulanz überwiesen. Hier wurde bei mir eine familiäre Hypercholesterinämie festgestellt und ich bekomme endlich die richtige Beratung und Behandlung für mein Cholesterinproblem. Seit 2010 nehme ich mehrere Medikamente zur Cholesterinsenkung, das Statin Rosuvastatin, einen Cholesterol-Resorptionshemmer und ein Nikotinsäuremedikament. Mit dieser Medikation hat sich mein Gesamtcholesterinspiegel auf 200 mg/dl und auf etwa 130 mg/dl LDL-Cholesterin gesenkt.
Da bei mir, als Hochrisikopatient, der LDL-Wert möglichst unter 70 mg/dl liegen sollte, wurde ein Antrag auf Lipid-Apherese gestellt.
Ein weiteres Problem, das ich noch ansprechen möchte, ist die ungenügende Akzeptanz der Familiären Hypercholesterinämie in der Gesundheitspolitik. Wegen der sogenannten Festbetragsregelung muss ich das Statin Rosuvastatin selbst bezahlen. Ich habe dagegen Klage beim Sozialgericht eingereicht. Dazu möchte ich anmerken, dass man bei Klagen vor einem Sozialgericht einen langen Atem haben muss. Hier wird offenbar auf eine Zeit- und Zermürbungstaktik gesetzt. Es kann Jahre dauern, bis so ein Prozess abgeschlossen ist.
Außerdem habe ich festgestellt, dass man mit den Problemen, die bei FH auftreten, ziemlich alleine dasteht. Dies war für mich Motivation die Patientenorganisation „CholCo e.V.“ mitzugründen. Auf dem Gebiet der FH musste in Deutschland eine Patientenstimme mit einem Erfahrungsaustausch von Patienten her.
Carole L., 50 Jahre
Demnächst 50 Jahre alt, schreibe ich hier einen Rückblick meiner letzten knapp 35 Jahre Erfahrung mit der Erkrankung.
Bei mir mütterlicherseits geerbt und festgestellt, nachdem bei meiner Mutter im Alter von Mitte 40 Jahren plötzlich Herzprobleme auftraten, obwohl sie nicht raucht, ein sehr sportlicher Typ ist und sich sehr gesund ernährt. Meine Cholesterinwerte waren ähnlich hoch wie die meiner Mutter, meine beiden Brüder sind nicht erblich belastet.
Erst einmal war es ein Schock: Die geliebte Mutter plötzlich krank und ich gerade mit der Schule fertig, wollte Krankenschwester oder Erzieherin werden. Immerhin ging es mir gesundheitlich blendend, bis auf zeitweilige Rückenschmerzen und entzündete Achillessehnen. Heute sehe ich einen Zusammenhang zwischen den damaligen Beschwerden und der Lipidstoffwechselerkrankung.
Von da an waren meine Mutter und ich sehr regelmäßig in Lipidambulanzen in Behandlung, nahmen an etlichen Studien mit unterschiedlichsten Medikamenten teil und setzten uns mit vielen Diätformen auseinander.
Bis heute geblieben sind die Angst und der Respekt an Herzinfarkt oder Schlaganfall folgenschwer zu erkranken; meine Mutter hat da schon Einiges hinter sich, ist aber nach wie vor ein absolutes Vorbild an gesunder Ernährung, viel Bewegung und jeder Menge Lebensfreude!
Während der Schwangerschaften hatte ich jeweils Medikamentenpausen von einigen Jahren. Mein Sohn, inzwischen 20 Jahre alt, hat es geerbt, meine 22 Jahre alte Tochter nicht. Ihm fällt es schwer kontinuierlich dranzubleiben, Medikationen zu nehmen oder Diäten zu berücksichtigen. Hinzu kommen berechtigte Zweifel bei der schulmedizinischen Medikation, denn die Nebenwirkungen vor allem von Statinen können nicht unerheblich sein.
In den letzten 15 Jahren traten bei mir dreimal in Zusammenhang oder als Begleiterscheinung mit anderen Erkrankungen pathologische Leberbeteiligungen auf und teilweise heftige Muskelschmerzen, die sich auch bei meinem Sohn schon bemerkbar machen. Apherese ist nun das Zauberwort für die zukunftsweisende Behandlungsform. Bin sehr unsicher, ob ich mich darauf einlassen kann.
Was mich immer wieder besonders verunsichert:
Die teilweise völlig konträren Meinungsbilder von Ärzteschaft in unterschiedlichen Kliniken und Arztpraxen. Hinzu kommt, dass Alternativmedizin und Schulmedizin sich entgegenstehen, anstatt gemeinsame, ergänzende Wege zu gehen.
Wir als Familie in drei Generationen wünschen uns eine positive Entwicklung auf allen Ebenen und möchten gern dazu beitragen, dass offensiver und ganzheitlich die Gesundheit im Bereich Lipidstoffwechselstörung gefördert wird.
Diesen Selbsthilfeverein Cholesterin & Co e.V. finden wir sehr gut: eine tolle Plattform sich auszutauschen, Ideen zu sammeln und Erfolge zu verbreiten, die vielleicht auch Anderen „betroffenen“ Familien weiterhelfen.
Margot G.
Dass mein Cholesterinspiegel zu hoch ist, weiß ich seit 1982. Die Vermutung, dass ich FH haben könnte, äußerte der Hausarzt meiner Eltern bereits in den 70er Jahren, als meinem Vater ein viel zu hoher Cholesterinspiegel diagnostiziert wurde. Auf die Idee, seine beiden Kinder ebenfalls auf FH testen zu lassen, kam damals niemand. Ich war es selbst, die, als ich 25 Jahre wurde, einen Arzt um Überprüfung meiner Cholesterinwerte bat. Mein erster gemessener LDL-Wert war bei 381…
Trotz nun erkanntem zu hohem Cholesterinspiegel nahm ich keine Medikamente, da der Arzt wegen des bestehenden Kinderwunsches davon abriet. Erst neun Jahre später bekam ich erste, leichte Medikamente.
In der Folge wurden mehrere Medikamente durchgetestet und immer wieder umgestellt. Rückwirkend muss ich leider feststellen, dass die große Gefahr, die von FH ausgeht, von meinen Ärzten nicht richtig erkannt und eingeschätzt wurde. Mein LDL pendelte sich im Laufe der Jahre bei ca. 200-250 ein – die Jahre vergingen, die Werte waren zu hoch.
2009 kam es dann zu einem „Ereignis“: Ich bekam im Frühjahr Sehstörungen auf dem rechten Auge, die vom Hausarzt mit Staunen wahrgenommen wurden. Nach einigen Monaten des Abwartens schickte er mich zur Überprüfung der Halsschlagadern. Der Kommentar des Angiologen: „Oh, auf Sie muss man aufpassen. Kommen Sie in 6 Monaten wieder.“ – Nach 5 Monaten sah ich eines Morgens auf dem rechten Auge nichts mehr… Die sofortige Einlieferung in die Klinik brachte mir den lapidaren Satz eines Arztes ein: „Ihr hoher Cholesterinspiegel ist jetzt symptomatisch geworden.“
Es wurde festgestellt, dass ein mächtiger Trombus in der rechten Halsschlagader, der carotis interna, saß. Die folgende Operation verlief zunächst erfolgreich, der Trombus wurde ausgeräumt. Kurze Zeit darauf verschloss sich die carotis interna jedoch erneut. Seitdem wird mein Gehirn über die restlichen 3 Adern versorgt.
Dieser Fast-Schlaganfall hatte zum großen Glück keine weiteren körperlichen Auswirkungen – ich hatte das große Glück, dass die Hirnfunktionen nicht betroffen waren. So betrachtet war es gut, dass ein Vor-Trombus ins Auge ging – so wurde ich endlich in einer Klinik durchgecheckt und der noch in der Schlagader sitzende Trombus gefunden. Geblieben ist mir „lediglich“ ein blinder Fleck in meinem rechten Auge – dort habe ich nurmehr ca. 20-30% Sehkraft.
Und geblieben ist mir die Erkenntnis, dass man nicht notwendigerweise gut versorgt ist, wenn man zum Arzt geht und Medikamente bekommt. Mein Arzt war nicht informiert über die großen Gefahren von FH, er war nicht auf dem aktuellen Stand der Medikamentenkunde – er kannte, wie er mir später erzählte, weder Rosuvastatin noch Nikotinsäure! Und er erzählte mir später, dass er nach meinem Ereignis auf Fortbildung gegangen sei…
Dieses ärztliche Unwissen ist nun eine große Triebfeder für mich: Ich möchte durch die aktive Teilnahme bei CholCo e.V. dazu beitragen, dass FH bekannter wird und dass auch Hausärzte über FH genau Bescheid wissen!
Petra S.
Ich bin Petra und habe Familiäre Hypercholesterinämie. Diese FH hatte bei mir zur Folge, dass ich mit 28 Jahren einen stummen Infarkt erlitt. Dieser Infarkt äußerte sich dahingehend, dass ich bei sportlichen Aktivitäten, wie z.B. Mountainbiking, Tennis und Jogging, bei größeren körperlichen Anstrengungen ein Brennen im Brustkorb, ausstrahlend in den linken Arm (Angina Pectoris /AP), hatte.
Diese Beschwerden brachte aber meine zum damaligen Zeitpunkt behandelnde Hausärztin nicht mit meinem „erhöhten“ Cholesterinwert in Verbindung. Auch eine intensivere Betreuung durch einen Kardiologen führte nicht zur richtigen Diagnose. Er verordnete zwar die richtigen Medikamente, diagnostizierte aber die wirkliche Ursache meiner AP nicht.
Auf Anraten der behandelnden Ärzte durchlief ich damals auch eine Psychotherapie, da man eine psychosomatische Problematik annahm. Erst nach Geburt meines 3. Kindes und nach Hausarztwechsel stellte dieser Veränderungen im Belastungs-EKG fest und brachte diese Veränderungen und meine Beschwerden mit meinen Lipidwerten in Verbindung. Zu diesem Zeitpunkt stillte ich noch. Meine Lipid-Werte lagen um die 300. Eine neuerliche Wertebestimmung nach dem Abstillen betrug 500. Eine Medikamenteneinnahme während Schwangerschaft und Stillzeit erfolgte nicht.
Nach Vorstellung in der Stoffwechselambulanz des Klinikums Großhadern wurde eine Herzkatheteruntersuchung veranlasst, da hier sofort erkannt wurde, was der Grund meiner Erkrankung ist: Eine Stenose, die ein Herzkrankgefäß (LAD) vollkommen verschloss und abtrennte. Eine Versorgung des Herzmuskels erfolgte nur über kleine Kapillargefäße. Diese Stenose wurde mehrfach vergeblich versucht zu dilatieren. Umgehend wurde meine Familie (alle drei Kinder und mein Bruder) untersucht. Dabei stellte man fest, dass meine beiden Söhne kein erhöhtes Cholesterin haben. Meine Tochter und mein Bruder haben aber beide ebenfalls erhöhte LDL-Werte, nicht aber ein derartig niedriges HDL-Cholesterin; d.h. meine Eltern müssen bei mir beide „Lieferanten“ der LDL- bzw. HDL-Cholesterinwerte, einer das LDL, der Andere das HDL, gewesen sein. Von 1993 bis ca. 1998 wurde ich mit Colestyramin in Höchstdosis (6 Beutel/Tag) therapiert. Die Lipidwerte (LDL jetzt ca. 160, HDL: 28 !) waren einigermaßen zufriedenstellend. Nicht aber meine KHK!
Im Oktober 1998 sollte deshalb im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung mein verschlossenes Herzkrankgefäß mittels Laser „aufgeschossen“ werden. Leider wurde aber beim Kontrastmitteleinspritzen ein gesundes Herzkranzgefäß (RCA) langstreckig aufgeschlitzt. Eine sofortige Notoperation mit zweifach Bypässen aus dem linken Unterschenkel wurde erforderlich, an deren Folgen ich nach wie vor laboriere. Infolge der Bypass-OP wurde es erforderlich, den LDL-Wert konstant unter 100 zu halten, was ich medikamentös nicht mehr bewältigte. Aus diesem Grund erhalte ich zusätzlich zu den Medikamenten seit April 1999 im Klinikum Großhadern eine LDL-Apherese. Bei dieser „Blutwäsche“ ähnlich dem Dialyse-Verfahren wird das Blut mittels Apherese-Maschinen vom LDL-Cholesterin gereinigt. Dieser Vorgang dauert bei mir insgesamt ca. drei Stunden, je nach Höhe der Lipidwerte sind längere (oder auch kürzere) Zeitintervalle möglich.
Hier wird (bei mir anfangs 1 x wöchentlich) jeweils ein Zugang in die rechte und die linke Armvene (ähnliche Nadeln wie beim Blutspenden) gelegt. Je nachdem, wie die Nadel in dem Gefäß liegt, wird das Blut entnommen bzw. gereinigt zurückgeführt. Anfänglich bestand bei mir die Problematik, dass ich sehr tief liegende Gefäße habe, die kaum gefühlt werden konnten. Durch eine Shunt-OP (operativer Zugang, wie Dialyse-Patienten generell bekommen) hätte hier Abhilfe geschaffen werden können, aber durch intensives Venentraining meinerseits und sehr geduldigem Ärzte- und Pflegepersonal beim Punktieren blieb mir diese Operation aber erspart und meine Venen sind mit ihren „Aufgaben“ gewachsen.
Durch die zusätzliche Einnahme von Ezetimib zu Simvastatin in Höchstdosis sind meine LDL-Werte jedoch so konstant geworden, dass ich nunmehr seit mehreren Jahren nur noch im zweiwöchentlichen Rhythmus behandelt werden muss. Am Apheresetag selbst nehme ich mir keine Aktivitäten, egal in welcher Form, vor. Ich fahre noch ca. 60 km nach Hause und verbringe den Rest des Tages schlafender und relaxender Weise. Am nächsten Tag bin ich dann wieder ausgeruht und – im Rahmen meiner Grunderkrankung – belastbar. Belastbar heißt: Ich arbeite wöchentlich 10 Stunden als Sekretärin.
Aufgrund meiner stabilen Werte und disziplinierten Lebensweise konnte ich eine sehr zufriedenstellende Lebensqualität erlangen; zu dieser Lebensweise gehören auch erholsame Urlaube im Ausland dazu. Im Gegensatz zur Dialyse kann bei der Apherese nämlich – ausnahmsweise, wenn keine Probleme vorliegen – auch kurzzeitig pausiert werden. Ich wünsche mir, dass aufgrund der Ausschöpfung aller für mich relevanten Therapiemöglichkeiten eine Verschlechterung meines Allgemeinzustandes noch lange Zeit hinausgeschoben werden kann.
LDL-Apherese Patient
Bei mir wurde die Erhöhung der Cholesterinwerte durch meinen Hausarzt festgestellt. Dieser überwies mich sogleich an eine spezielle Lipid-Sprechstunde im Heidelberger Klinikum, da die Medikamente, die ich bis zu dieser Zeit versucht hatte, starke Nebenwirkungen mit massiven Magen- und Muskelproblemen verursacht hatten und er keinen Rat mehr wusste. Alle weiteren angewandten Lipidmedikamente erbrachten auch keine nebenwirkungsfreie Senkung meines Cholesterinwerts.
Vier Jahre später bekam ich innerhalb von zwei Tagen zwei Herzinfarkte und es wurden mir zwei Stents gesetzt. Ich stellte mich erneut in der Lipidsprechstunde am Heidelberger Klinikum vor und blieb von da an in regelmäßigen Abständen an die Ambulanz angebunden. Auf Grund der fehlenden Verträglichkeit der Lipidsenker stellte das Klinikum mehrere Anträge auf Genehmigung einer LDL-Apherese, die aber von der Apheresekommission abgelehnt wurden, da ich noch nicht „alle“ auf dem Markt befindlichen Lipidsenker ausprobiert hatte. Im weiteren Verlauf probierte ich auch noch die restlichen Lipidsenker aus. Aber sie brachten alle nicht den ersehnten Erfolg und ich bekam immer wieder die oben beschriebenen Nebenwirkungen.
Schließlich und endlich bekam ich dann doch die Apherese genehmigt. Ein jahrelanger Kampf trug endlich Früchte und ein Anruf des Arztes, der mich fragte, ob ich am in der folgenden Woche zur LDL-Apherese erscheinen könnte, die ersehnte Erlösung. Ich war sehr überrascht, da ich nicht mehr damit rechnete, diese Therapie genehmigt zu bekommen und sagte selbstverständlich zu. Ich war sehr erleichtert, dass ich doch noch eine Zusage bekommen habe.
Seit diesem Zeitpunkt komme ich nun in regelmäßigen Abständen zur Behandlung. Ich werde von einem sehr netten Team von Ärzten und Pflegekräften erwartet. Zunächst werde ich gewogen, dann, je nach Wunsch, darf ich in einem Apheresesessel oder im Bett Platz nehmen. Meine Venen werden punktiert und die Behandlung kann beginnen. Die Reinigung des Blutes dauert ca. zwei Stunden, die ich bisher immer sehr gut vertragen habe. Im Anschluss an die Behandlung geht es mir gut, aber ich fühle mich oft etwas matt. Nach einem kurzen Nickerchen zu Hause von 15 bis 20 Minuten, bin ich topfit und könnte Bäume ausreißen. Insgesamt fühle ich mich durch die Behandlung nicht eingeschränkt, sondern eher geschützt. Auch wenn ich einmal Urlaub machen will, ist die Termingestaltung sehr flexibel und bei einer längeren Abwesenheit hilft mir das Apherese-Team bei der Suche einer Apheresemöglichkeit am Urlaubsort. Ich freue mich, dass es mir so gut geht und kann nur versuchen, jedem die Angst vor einer solchen Behandlung zu nehmen.